Verbundprojekt Grundbildung im Kontext von Arbeit und Berufsorientierung

Zugänge schaffen und Übergänge gestalten (GABO)

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Vorhaben GABO ist ein Verbundprojekt, dessen Untersuchungsgegenstand die Grundbildung im Kontext von Arbeit und Berufsorientierung ist.

Informationen zum Projekt

  • Ausgangslage

    Nur wenige Erwachsene und Jugendliche mit geringen Lese- und Schreibkenntnissen nehmen an Angeboten der Grundbildung und Alphabetisierung teil. Einen Ansatz, um mehr Menschen einen Zugang zu Grundbildung zu eröffnen, stellt die aufsuchende Bildungsarbeit dar. Auch Konzepte arbeitsorientierter Grundbildung nutzen teilweise solche Strategien, indem sie den Lernort in die Arbeitswelt der Menschen verlagern und darauf bezogene Lernprozesse initiieren wollen. Sie sind vielversprechend, da die nach wie vor dominanten „Komm-Strukturen“ in der Erwachsenen- und Weiterbildung insbesondere für „gering literalisierte“ Zielgruppen eine hohe Hürde darstellen können. Wer von Angeboten arbeitsorientierter Grundbildung erreicht wird und von ihnen profitiert, ist allerdings kaum bekannt. Darüberhinaus sind Jugendliche mit geringen Lese- und Schreibkenntnissen bislang wenig im Blick solcher Angebote. Sie vollziehen zumeist keinen direkten Berufseinstieg und finden sich dann zunächst im „Übergangssystem“ zwischen Schule und Beruf wieder.

  • Zielsetzung und Forschungsfragen des Verbunds GABO

    In dem qualitativ-forschenden Verbundprojekt GABO werden daher zwei arbeitsorientierte Bildungskontexte in den Blick genommen: Einerseits wird die arbeitsorientierte Grundbildung im Betrieb untersucht. Andererseits wird mit der Jugendberufshilfe und ein Bereich einbezogen, der trotz hoher Relevanz bislang wenig für Alphabetisierungs- und Grundbildungsarbeit erschlossen ist.

    Befragt werden sowohl Teilnehmende und Adressat*innen beider Bildungsbereiche als auch die hier professionell Tätigen (Lehrende, Trainer*innen, Sozialarbeiter*innen usw.). Ausgehend von einem erweiterten und emanzipatorischen Verständnis von Arbeit und arbeitsorientierter Grundbildung wird erforscht, welche Bedeutung Schriftsprache und Grundbildung im (Arbeits-) Alltag für die Teilnehmenden und Adressat*innen hat, welche Lernanlässe und -motive sich vor diesem Hintergrund für sie ergeben und inwiefern sie die (Grund-) Bildungsangebote als daran anschlussfähig wahrnehmen. Auf der Ebene der Professionellen ist zentral, welche Vorstellungen von Grundbildung und Literalität diese haben und inwiefern professionelles Handeln durch bildungs- und berufsbiografische Erfahrungen mitgeprägt wird.

    So lassen sich „Passungsverhältnisse“ zwischen Teilnehmenden/Adressat*innen und den professionell Tätigen/den Bildungsangeboten im Grundbildungsbereich mit dem Ziel analysieren, Handlungsempfehlungen für die Weiterentwicklung von Angeboten und Professionalisierungsstrategien abzuleiten. Dabei soll mit GABO auch die interdisziplinäre Vernetzung von Sozialer Arbeit/Sozialpädagogik, Erwachsenenbildung und Grundbildung weiter vorangetrieben werden.

  • Forschungsschwerpunkt und Zielsetzung im Teilprojekt Hannover

    Der Forschungsschwerpunkt des Teilprojekts Hannover liegt auf den professionell Tätigen der beiden Bildungsbereiche. Es werden 20 themenzentrierte Interviews mit professionell Tätigen durchgeführt, die lebensgeschichtlich-bildungsbiografisch angelegt sind und einen narrativen Charakter haben. Die Interviewkonzeption orientiert sich am „Verstehenden Interview“, wie es Kaufmann (1999) in Anlehnung an Bourdieus Verstehenskonzept (Bourdieu 1997) entwickelt hat.

    Die Auswertung der Interviews erfolgt mithilfe der Habitushermeneutik (Bremer & Teiwes-Kügler 2013; Teiwes-Kügler & Lange-Vester 2018). Im Fokus der Analyse steht, welche Handlungsformen die Professionellen als relevant erachten und inwiefern das professionelle Handeln durch die sozialen und biografischen Hintergründe mitstrukturiert wird. Besonderes Augenmerk liegt außerdem auf der Frage, wie es den professionell Tätigen gelingt, Sensibilität für die Lernenden und ihre Zugänge zu Schriftsprache und Bildung aufzubringen. Erste Befunde der Forschungsgruppe zeigen bereits, dass Biografien professionell Tätiger Aufschluss hierüber geben können (Bremer, Pape & Schlitt 2020).

  • Laufzeit

    01.04.2021-31.03.2024

  • Quellen
    • Bourdieu, P. (1997): Verstehen. In: ders. u.a. (Hrsg.): Das Elend der Welt. Zeugnisse und Diagnosen alltäglichen Leidens an der Gesellschaft. Konstanz: UVK, S. 779-822.
    • Bremer, Helmut und Christel Teiwes-Kügler (2013): Zur Theorie und Praxis der „Habitus-Hermeneutik“. In: Brake, Anna; Bremer, Helmut und Andrea Lange-Vester (Hg.): Empirisch arbeiten mit Bourdieu. Weinheim: Beltz Juventa, S. 93-129.
    • Bremer, Helmut; Pape, Natalie und Laura Schlitt (2020): Habitus und professionelles Handeln in der Erwachsenenbildung. In: Hessische Blätter für Volksbildung, Heft 1, 57-70.
    • Kaufmann, Jean Claude (1999): Das verstehende Interview. Theorie und Praxis. Konstanz: UVK.
    • Teiwes-Kügler, Christel und Andrea Lange-Vester (2018): Das Konzept der Habitus-Hermeneutik in der typenbildenden Milieuforschung. In: Müller, Stella und Jens Zimmermann (Hrsg.): Milieu-Revisited. Forschungsstrategien der qualitativen Milieuanalyse. Wiesbaden: Springer, S. 113-157.

Verbundpartner

  • Projektleitung: Prof. Dr. Wibke Riekmann
  • Wissenschaftliche Mitarbeiterin: Rabea Geraldine Schemann, M.A.
  • Studentische Mitarbeiterin: Joselle-Marie Rajab

Homepage:
https://www.arts-and-social-change.de/science/gabo/

  • Projektleitung: Prof. Dr. Helmut Bremer
  • Wissenschaftliche Mitarbeiterin: Songül Cora, M.A.
  • Studentische Mitarbeiterin: Sarah Klotz

Homepage: https://www.uni-due.de/biwi/politische-bildung/gabo.php


Praxispartner

Die Praxispartner des Projekts sind der Internationale Bund (IB) als Anbieter berufsvorbereitender und berufsbegleitender Maßnahmen im „Übergangssystem“ Schule-Beruf sowie Arbeit und Leben (AuL) als Anbieter arbeitsorientierter Grundbildung im Betrieb. Sie stellen gleichzeitig den Feldzugang für die Umsetzung des Projekts her. Durch die enge Kooperation mit den Praxispartnern wird praxisnahe und partizipative Forschung realisiert.


Forschungsteam an der LUH

Projekt- und Verbundleitung

Studentische Mitarbeiterin

Lisa Graw
Lisa Graw